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Mengenlehre

Themen

In diesem Teil möchte ich über folgende Themen sprechen:

  1. Elemente der Logik
  2. Mengenbildung und Mengenalgebra
  3. Relationen und Abbildungen
    1. Kartesisches Produkt
    2. Abbildungen
    3. Äquivalenzrelationen
    4. Ordnungsrelationen
  4. Verallgemeinerte mengentheoretische Relationen
  5. Endlichkeit und Kardinalzahlen

Über die Mengenlehre

Die Logik und die Mengenlehre sind eng miteinander verknüpft und bilden die allgemeinen Grundlagen der Mathematik. Sie wurde von Georg Cantor im 19. Jahrh. begründet. Cantor definierte dabei, was man unter einer Menge versteht und untersuchte diese Strukturen dann, u.a. die Mächtigkeit von Mengen. Der Begriff der Unendlichkeit wurde dabei von ihm in besonderem Maße geprägt.

David Hilbert, einer der bedeutendsten Mathematiker der Neuzeit, sagte einst:

Aus dem Paradies, das Cantor uns geschaffen, soll uns niemand vertreiben können.

— David Hilbert

Allerdings führte das Cantor'sche Modell der Mengenlehre, auch naive Mengenlehre genannt, auch zu Antinomien (Widersprüchen). Bertrand Russell entdeckte diese Widersprüche und machte sie publik. Die heutige Mathematik beruht auf einer axiomatisierten Mengenlehre und wird auch Zermelo-Fraenkel-Mengenlehre mit Auswahlaxiom genannt. Doch ist die naive Mengenlehre ein Teil der ZFC-Mengenlehre (Zermelo, Fraenkel, Axiom of Choice) und daher nach wie vor ein einfacher und guter Zugang.

Naive Mengenlehre nach Cantor

Menge

Unter einer Menge verstehen wir jede Zusammenfassung MM von bestimmten wohlunterschiedenen Objekten mm unserer Anschauung oder unseres Denkens zu einem Ganzen.

Mengen werden dabei mit den Mengenklammern {\{ und }\} aufgeschrieben. Außerdem wird das Symbol \in dafür verwendet um zu beschreiben, dass ein Element mm zu einer Menge MM gehört: mMm \in M. Dagegen wird \notin dafür verwendet, um zu beschreiben, dass ein Element nn nicht zur Menge MM gehört: nMn \notin M.

Beispiele für Mengen

Ziffern 0 bis 5

Die Menge der Ziffern 0 bis 5:

Z={0,1,2,3,4,5}Z = \{ 0, 1, 2, 3, 4, 5 \}

Dabei gilt z.B. 1Z1 \in Z und 4Z4 \in Z, aber nicht 8Z8 \in Z, also 8Z8 \notin Z.

Ballarten

Folgendes könnte eine Menge von verschiedenen, aber nicht allen Ballarten sein:

B={Fußball,Tennisball,Baseball}B = \{ \text{Fußball}, \text{Tennisball}, \text{Baseball} \}

Es gilt z.B. FußballB\text{Fußball} \in B und BasketballB\text{Basketball} \notin B.

Antinomien

Diese naive Auffassung von Menge birgt allerdings Widersprüche, auch Antinomien genannt.

Russell'sche Menge

Russell'schen Menge

Menge aller Mengen, die sich nicht selbst als Element enthalten.

Sei die (russell'sche) Menge XX dadurch definiert, dass für alle Mengen AA gilt:

AX genau dann, wenn AAA \in X \text{ genau dann, wenn } A \notin A
Aber gilt nun XXX \in X?

Für A:=XA := X erhält man den Widerspruch

XX genau dann, wenn XXX \in X \text{ genau dann, wenn } X \notin X

Das funktioniert eben nicht: Wenn die Menge XX in XX selbst als Element liegt, dann darf sie aber nicht in XX liegen, da wir die Menge XX ja gerade so definiert haben, dass sie nur die Mengen enthält, die sich nicht selbst enthalten. Andersherum heißt es, dass wenn XX nicht in XX ist, dann müsste sie in XX liegen wegen der Definition von XX.

Barbier von Sevilla

Ein anderes Beispiel ist die Anekdote vom Barbier von Sevilla, die ebenfalls von Russell stammt.

Barbier von Sevilla

Der Barbier BB ist derjenige Mann von Sevilla, der genau die Männer MM von Sevilla rasiert, die sich nicht selbst rasieren.

Wir sagen nun, dass der Barbier BB sei. Der Barbier ist aber an sich keine Menge. Die Anekdote kann man auch so formulieren, dass wir wieder nur "richtige" Mengen haben. Für jetzt bezeichnen wir aber einfach die symbolische Schreibweise MBM \in B als "MM wird vom Barbier BB rasiert". Damit erhalten wir folgende Beziehung:

MB genau dann, wenn MMM \in B \text{ genau dann, wenn } M \notin M
Rasiert der Barbier sich selbst?

Für M:=BM := B erhält man den Widerspruch

BB genau dann, wenn BBB \in B \text{ genau dann, wenn } B \notin B

Also wenn der Barbier sich selbst rasiert, dann dürfte er sich ja nicht selbst rasieren, da er ja nur die rasiert, die sich nicht selbst rasieren. Aber wenn der Barbier sich nicht selbst rasiert, dann müsste er sich ja entsprechend der Definition selbst rasieren. Das funktioniert auch also nicht.

Cantor hat mit der naiven Mengenlehre einen großen Baustein der Mathematik geschaffen, auf dem die ganze Mathematik aufbaut. Er hat außerdem den Begriffen Endlichkeit und Unendlichkeit Leben eingehaucht. Doch hat sein Modell Schwächen, sodass man ein wenig daran arbeiten musste. Viele weitere Dinge der Mengenlehre werden in den nächsten Kapiteln behandelt. Bevor wir aber mit Mengen an sich weiter machen, folgt erstmal eine kurze Einführung in die Logik auf der die weitere Mengenlehre aufbaut. Außerdem bildet die Logik das Fundament der mathematischen Beweise, die uns garantieren, dass Erkenntnisse eine allgemeine Gültigkeit haben.